Die Stadt Osch ist ein paar tausend Jahre alt, sie war lange Zeit eine bedeutende Stadt an der Seidenstraße und hat in ihrer langen Geschichte schon einiges erlebt. In jüngerer Vergangenheit fanden hier nach der Unabhängigkeit Kirgisistans zwei blutige Aufstände zwischen den hier lebenden Usbeken und den Kirgisen statt und es wird behauptet, dass die Stadt der Drogenumschlagplatz Nummer 1 in Asien ist.
Während meines Aufenthaltes in Osch habe ich von alldem aber, glücklicherweise, nichts mitbekommen. Im Gegenteil machte Osch auf mich den Eindruck einer gewöhnlichen, etwas muslimisch konservativen Stadt mit russischem Einschlag. Nicht besonders schön, aber auch nicht besonders hässlich, kyrillische Schriftzeichen, die Gebäude aus Sowjetzeiten, viele Moscheen, die meisten Frauen tragen Kopftuch und im Hostel ist es verboten, Alkohol oder Schweinefleisch in den Kühlschrank zu stellen.
Allemal sehenswert sind ein für die Kirgisen heiliger Berg und der große Basar, auf dem man stundenlang schlendern und so ziemlich alles kaufen kann, vom Apfel über Steckdosen bis hin zu Schweinefüßen.
Sary-Moghol
Länger als einen Tag habe ich aber auch für diese beiden Sehenswürdigkeiten nicht gebraucht und so machte ich mich zügig auf ins Alay Tal zwischen Pamirgebirge und den Alay Bergen, um von Sary-Moghol aus eine fünftägige geführte Wanderung zu starten.
Mit von der Partie waren Graham aus Irland, Musa unser Guide (eigentlich Mathelehrer im Ort) und Gelber Stern, unser Pferd, das unsere Verpflegung und die Rucksäcke getragen hat. Ich hatte mit Pferden nie viel am Hut aber wie das Tier die steilen An- und Abstiege, ausgesetzte Pfade und Geröllfelder gemeistert hat, verdient wirklich größten Respekt. Ein paar mal hat sogar Graham, der mit Pferden aufgewachsen ist, nur noch die Hände überm Kopf zusammengeschlagen aus Sorge, unser Gelber Stern würde abstürzen. Es ist glücklicherweise nichts passiert und das eine mal, als das Pferd unser Gepäck vor einer schwierigen Passage abgeworfen hat, ist nichts und niemand zu Schaden gekommen.
Übernachtet haben wir unter Anderem bei Nomaden, die den Sommer über ihr Vieh, Yaks, Kühe, Ziegen und Schafe, auf ihren Jailoos, den Sommerweiden, grasen lassen und Touristen für etwas Geld ihre Jurten zur Verfügung stellen. Eigentlich sind es keine echten Nomaden mehr, eher Halbnomaden, die im Winter ihre Bauernhöfe in den Dörfern haben und nur den Sommer in ihren Jurten verbringen. Dort leben sie ein sehr einfaches Leben ohne Strom, Fernsehen und Playstation und das fließende Wasser kommt aus dem Bach aus den Bergen. Auch die Kinder müssen schon mit anpacken und das Vieh zusammentreiben, melken, Wasser holen oder Brennholz sammeln. Und trotzdem haben selbst die Kleinen ein Lächeln auf den Lippen und spaßen herum, auch wenn fürs Spielen nicht viel Zeit bleibt.
Diese Einfachheit und Genügsamkeit ist erstaunlich und irgendwie auch bewundernswert. Ich würde einige Zeit brauchen, um da mithalten zu können. Das wurde mir spätestens klar, als ich am letzten Tag der Wanderung Magenprobleme bekam und daraufhin auch noch Fieber, wahrscheinlich verursacht durch eine Kombination aus der Höhe, der Anstrengung der Wanderung, dem Wasser und dem Essen dort. Eine großartige Wanderung mit spektakulären Ausblicken und eine schöne Erfahrung war es trotzdem und die Zwangspause zurück in Osch habe ich dazu genutzt, einfach mal wieder ein Buch zu lesen. Dazu bin ich bisher auf meiner Reise kaum gekommen und so konnte ich meiner lädierten physischen Verfassung auch noch etwas positives abgewinnen 🙂