Von Peking aus habe ich zwei Abschnitte der Große Mauer besucht, Jinshanling und Gubeikou.
Jinshanling war ein vom Hostel organisierter Tagesausflug. Mit einem shuttle ging es vom Hostel zu einer Sammelstelle, an der die Busse Richtung Große Mauer starten. Ein heftiger Gewitterregen am Morgen hatte Peking in ein mittleres Verkehrschaos gestürzt und wir sind mit einer Verspätung von einer Stunde Richtung Mauer gestartet.
Da der Regen auch während der Fahrt nicht aufhörte war Nancy, unser Guide für den Ausflug, ständig am Telefonieren und Abstimmen der Wetterlage an der Mauer und es war bis zur Ankunft nicht klar, ob die Mauer geöffnet sein würde. Glücklicherweise hielten die Tour-Agentur und die Verantwortlichen in Jinshanling Regenschauer und leichtes Gewitter nicht für Gründe, die Mauer für den Tag zu schließen und so konnten wir ein paar Stunden auf der Mauer entlangwandern und die Wolken dabei beobachten, wie sie tief hängend über die Mauer gezogen sind. Und auch wenn uns wegen des Wetters in der Gruppe nicht ganz wohl war, haben wir die Magie dieses Ortes und dieses Moments sehr genossen.
Den Abschnitt in Gubeikou wollte ich unbedingt auch noch mitnehmen, denn dort ist die Mauer nicht restauriert, bröckelt vor sich hin und der Pfad auf der Mauer ist daher stellenweise etwas abenteuerlich, dafür aber eben authentisch und interessant zu gehen. Die Anreise ist, will man nicht viel Geld für eine Agentur oder einen Fahrer ausgeben, nur mit dem Linienbus und Umsteigen in Myun möglich. Diese Umstände und die sommerliche Hitze (Saison für die Mauer sind Frühling und Herbst) waren dann wahrscheinlich auch der Grund, warum in Gubeikou, einem kleinen Dorf, das vom Mauer-Tourismus stark profitiert, nichts los war.
Natürlich hatte es auch hier stark geregnet bevor ich auf die Mauer wollte und so waren die offiziellen Zugänge zur Mauer gesperrt. In meinem Gasthaus habe ich aber einen alternativen Zugang gezeigt bekommen und nach einer halben Stunde auf Trampelpfaden war ich dann, immer das Wetter im Blick behaltend, auf der Mauer. Die 3 Stunden, die ich dort gewandert bin, waren intensiv und ganz besonders: in der ganzen Zeit habe ich nur 3 andere Wanderer getroffen und so hatte ich die „ganze Mauer“ für mich allein. Und obwohl es dort oben nicht geregnet hat, war ich bei über 30 Grad und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit so klatschnass, dass mir die Tropfen sogar an der Brille hingen. Ich habe noch nie Spinning im Dampfad gemacht, aber so ähnlich stelle ich es mir vor.
Und falls ihr mal eine Empfehlung für ein Gasthaus in Gubeikou braucht, könnt ihr euch gerne an mich wenden. So nah kommt man selten an den Alltag einer chinesischen Familie auf dem Land. Das Gemüse kommt vom eigenen Feld, Oma und Opa helfen noch fleißig mit. Und auch ich habe, sowohl aus Neugier als auch ein Bisschen Langeweile vor der Rückreise nach Peking, mit angepackt. Die Oma und ich haben Nüsse aus dem eigenen Garten geschält. Die Familie macht daraus im Winter, wenn keine Gäste da sind, buddhistische Halsketten und Armbänder, die man hier überall auf den Märkten sieht. Irgendwie muss Geld reinkommen und, so wie ich die Chinesen bisher kennengelernt habe, sie sind sehr geschäftstüchtig.