Nach 9.288km auf der Transsibirischen Eisenbahn bin ich nun an deren Endstation Vladivostok angekommen. Und obwohl die Stadt nicht zu meiner Lieblingsstadt wird, genieße ich mit dem Japanischen Meer noch einmal den Ozean, bevor ich für die nächsten Monate in China, Zentralasien und Iran im Landesinneren reisen und das Meer nicht mehr sehen werde. So ist zumindest der Plan und der ist davon abhängig, ob ich ein Transitvisum für Turkmenistan bekomme. Falls nicht, komme ich mit meinem Plan B für die Einreise in den Iran zumindest noch ans Kaspische Meer, wenn ich von Kasachstan mit der Fähre nach Baku in Aserbaidschan übersetze. Bis dahin ist aber noch viel Zeit.
Morgen früh verlasse ich zuerst einmal Russland und fahre mit dem Bus nach Hunchun in China. Von dort geht es mit dem Zug weiter nach Peking. Die Einreise mit dem Bus ist deshalb sinnvoll, weil die Fahrt mit dem Zug Vladivostok-Peking ca. 3-4 Tage dauert und ich einen Teil auf der Transsib zurückfahren müsste. Mit dem Transit über Hunchun sind es immerhin nur 2 Tage, eine Übernachtung in Hunchun mit eingerechnet.
Vladivostok ist als einziger Pazifikhafen für Russland eine strategisch wichtige Stadt. Dort liegt die Pazifikflotte der Marine, es gibt auf den Hügeln der Stadt einige alte Festungsanlagen und noch mehr Antennenmasten und Satellitenschüsseln und, so habe ich mir sagen lassen, es ist eine sehr teure Stadt. Lebensmittel wie Milch und Obst seien sogar teurer als in Moskau. Das liegt daran, dass wegen ihrer Bedeutung erstens der Staat riesige Mengen Geld in die Stadt investiert und sie daher attraktiv für Business ist und zweitens einige Güter nur über Moskau nach Vladivostok kommen. Das gilt zum Beispiel auch für Craftbier aus Kalifornien, das dadurch locker einen Umweg von knapp 19.000km hinter sich hat, bevor es in Vladivostok auf der Theke landet. This is Russia! 🙂
Woran werde ich mich zu Vladivostok noch gerne zurückerinnern? Sicherlich an die Statue von Yul Brynner und meinen Besuch in einem echten nordkoreanischen Restaurant. Bewusst bin ich vorher noch nie einem Nordkoreaner begegnet und ganz nebenbei war das Essen, Kimchi und Bibimbap, hervorragend. In erster Linie aber wird mir in Erinnerung bleiben, wie die Russen mich mal wieder mit ihrer Herzlichkeit, Offenheit und Gastfreundschaft überrascht haben. Dieses mal in Form von ca. 2 Pfund frischen Shrimps aus dem Pazifik. Vladimir, er arbeitet in einem der Top-Fischrestaurants Russlands, hat sie mir einfach so in die Hand gedrückt, nachdem wir zusammen ein Bier in einer Bar getrunken und uns hervorragend unterhalten haben. Die Shrimps sollten zwar sein Abendessen werden, aber er könne das ja jeden Tag haben, ich dagegen nie wieder. Bei solchen Argumenten kann man einfach nicht nein sagen und an so gute Shrimps komme ich tatsächlich lange nicht mehr…