Grenzüberquerung am Irkeshtam-Pass, 08.08.

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Nach meinen bisherigen „Grenzerfahrungen“ Polen-Belarus und Russland-China war die Einreise nach Kirgisistan über den Irkeshtam-Pass die bis dahin spannendste.

Da der Bus, der bis letztes Jahr um diese Zeit noch direkt von Kaschgar nach Osch in Kirgisistan fuhr, eingestellt wurde, ist man jetzt auf shared Taxis angewiesen. Das macht es erstens teurer, denn man bezahlt nicht mehr einen Sitzplatz, sondern ein ganzes Auto samt Fahrer, und teilt sich den Preis unter den Mitreisenden – sofern man welche findet. Zweitens ist die Organisation während des Grenzübertritts schwieriger, da man nicht einfach einer Busladung Touristen hinterherrennen und nachher wieder in den Bus steigen kann. Im Zweifel steht man nämlich allein und ohne die Möglichkeit, weiterzukommen, da.

Also habe ich in meinem hostel in Kaschgar einen Aushang gemacht und dadurch drei andere Reisende aufgetan, die am selben Tag wie ich nach Kirgisistan wollten. Uri aus Israel kannte ich, man trifft sich eben immer 2x, schon aus Dunhuang.

Und so sind wir vier dann morgens um 8.30 Uhr zum Busbahnhof in Kaschgar gestartet, denn uns wurde gesagt, bis zum ersten Checkpoint, also der Passkontrolle, würde noch ein Bus fahren. Am Schalter durften wir dann erstmal warten bis uns gesagt wurde, dass heute kein Bus fahren würde. Ob überhaupt jemals einer fährt, war uns allen nicht ganz klar und ich hatte nicht die Zeit, es am nächsten Tag und vielleicht dem Tag darauf usw. nochmal zu versuchen. In 2 Tagen würde mein Visum ablaufen und mich mit den Chinesischen Behörden wegen eines abgelaufenen Visums anzulegen, gehörte nicht zu den Dingen, die ich ausprobieren wollte.

Als wir etwas ratlos in der Schalterhalle standen, hat uns dann ein Mann angesprochen, der das mitbekommen hat und der, natürlich rein zufällig, Taxifahrer war und uns fahren wollte. Mit etwas Verhandeln haben wir uns auf einen annehmbaren Preis geeinigt, viele Optionen hatten wir nicht, und dann ging es los zum ersten Checkpoint. Es sollte der erste von 7 an diesem Tag werden, wobei es auf dieser Strecke wichtig ist, die Checkpoints so schnell wie möglich zu passieren.

Denn wir wussten, wollten wir es an einem Tag bis Osch schaffen, mussten wir noch vor der ausgedehnten Mittagspause der Chinesischen Grenzschützer, die bis 16.30 geht, an so vielen Checkpoints wie möglich vorbeikommen, denn sonst steht man irgendwann wegen Feierabend vor verschlossenen Schranken. Dann heißt es im schlimmsten Fall, irgendwo im Grenzgebiet das Zeit aufzuschlagen oder sich ein ranziges Hotel mit chinesischen Truckern zu teilen. Beides erschien uns nicht allzu attraktiv, doch beeinflussen kann man die Bearbeitungsgeschwindigkeit eines Reisepasses durch einen Grenzbeamten halt auch nur bedingt. Und Passkontrolle heißt jedes mal raus aus dem Auto, Rucksack aus dem Kofferraum, rein in den Checkpoint, warten, Pass abgeben und lächeln und auch dann noch lächeln, wenn der Grenzposten den Pass sehr intensiv und viel zu lange durchblättert. Dann lächeln für das Foto mit Pass, dass der Beamte für die Datenbank macht und dann hoffen, dass nicht doch noch der Rucksack aufgemacht oder das Handy zur Kontrolle abgegeben werden muss (was vorkommen kann, aber bei uns keiner musste).

Bei uns lief aber alles gut, unser zweiter Taxifahrer, der uns von der ersten bis letzten Passkontrolle auf chinesischem Gebiet und durch das Niemandsland zwischen den beiden Ländern gefahren hat, immerhin mehrere Stunden Autofahrt, hat uns sicher noch vor deren Feierabend zum letzten Checkpoint der Chinesen gefahren. Von dort aus hatten wir die Wahl, ein Taxi für die knapp 2 Kilometer bis zur kirgisischen Grenze zu nehmen oder dorthin zu laufen. Froh über ein bisschen Bewegung, beeindruckt von der schönen Berglandschaft am Irkestham und glücklich, die Passkontrollen endlich hinter uns zu haben, entschieden wir uns, zu Fuß zu gehen.

Die Einreise in Kirgisistan war dann auch sehr einfach und wir hatten schnell die Stempel in unseren Pässen. Es war kurz nach 16 Uhr, wir lagen super in der Zeit und zur Weiterreise standen auch ein paar Taxen auf dem Parkplatz nebenan. Wir dachten, ab jetzt läufts. Da hatten wir die Rechnung allerdings ohne die Taxifahrer gemacht. Deren Preisvorstellungen für die Fahrt nach Osch waren nämlich doppelt so hoch wie unsere. Unsere Position für die nachfolgende Verhandlung war denkbar schlecht. Wir mussten irgendwie weiter, die Taxifahrer waren nicht von ihrem Preis abzubringen und der Grenzverkehr war zu gering, um ein Auto zum Mitfahren zu finden. Wir versuchten es trotzdem. Auch in der Hoffnung, die Taxifahrer würden uns dadurch ein besseres Angebot machen. Könnten sie doch Kunden verlieren, falls uns ein Auto mitnimmt. Eine dreiviertel Stunde später standen wir immer noch da und die Grenze machte bald zu. Eine Mitfahrgelegenheit hätten wir dann nicht mehr gefunden und die Alternativen wären das teure Taxi oder eine Übernachtung vor Ort gewesen. Die Übernachtungsmöglichkeiten sahen im Übrigen auch hinter der Grenze nicht besser aus als noch davor.

Eine geschlossene Grenze heißt aber auch für die Taxen, dass sie an dem Tag kein Geschäft mehr machen und das war dann auch unser Glück. Denn dadurch sind wir dann doch noch zu einem akzeptablen Preis nach Osch gefahren worden, wo wir, knapp 14 Stunden nach Abfahrt in Kashgar und 500 Kilometer später, spät abends angekommen sind.